28.07.2021

Im Dienste der Natur

... bei den Österreichischen Bundesforsten nicht bloß eine Worthülse. Neben der Kernkompetenz Holz rückten die Themen Naturschutz und Naturraummanagement in den vergangenen 30 Jahren in den Fokus der Aufgabengebiete. Das Unternehmen und seine MitarbeiterInnen leben auch soziale Nachhaltigkeit – gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und in Generationen zu denken.
 

 

VON MAG.ᵃ LAURA ARI, GÖD-Magazin 2021

"Der Wald der Zukunft besteht aus klimafitten Bäumen“, sagt Förster Friedrich Holzinger. Die Fichte leidet besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels. Geschwächt durch zu hohe Temperaturen und zu wenig Niederschlag, ist sie anfälliger für den Borkenkäfer. Die Larven des Borkenkäfers fressen die Schicht zwischen Rinde und Stamm – und zerstören so die Lebensader der Bäume. „In warmen Jahren kann ein Borkenkäfer für bis zu drei weitere Generationen sorgen, wobei jeder wiederum an die 100 Eier legen kann“, erklärt Fritz Holzinger, als er vor einer befallenen Fichte in seinem Reviergebiet Stadlhütte im Wienerwald steht. „Die Herausforderung für uns besteht darin, heute auf Baumarten zu setzen, die in 40 bis 50 Jahren mit den veränderten klimatischen Bedingungen klarkommen“, erklärt Andreas Freistetter, Vorsitzender- Stellvertreter im Zentralbetriebsrat und Vorsitzender des Betriebsrates der Unternehmensleitung der Bundesforste. Derzeit sind es beispielsweise Douglasien, aber auch andere Baumarten wie Lärche oder Tanne und auch etliche Laubhölzer werden als neue, klimaresistente Baumarten gepflanzt.

Die Planung wird zusätzlich durch die „Modetrends“ an Holzvorlieben der Endkunden erschwert. „Von Mahagonihölzern über Erle bis Kirsche ändern sich Wünsche im Vergleich zum Wachstums eines Baumes sehr rasch“, beobachtete Freistetter. Seit 1988, nach Absolvierung der Försterausbildung, ist Freistetter bei den Bundesforsten tätig. In den vergangenen 33 Jahren konnte er die Entstehung und Entwicklung der zahlreichen zusätzlichen Arbeitsfelder zum Kerngeschäft Forstwirtschaft beobachten. „Holz ist immer noch die größte Einnahmequelle, aber danach folgen bereits die Sektoren Immobilien, Erneuerbare Energien und Dienstleistungen. Das Thema Naturschutz in Kombination mit wirtschaftlicher Nutzung steht klar im Fokus“, erläutert Freistetter. Seit der Ausgliederung im Jahr 1997 formte sich das Unternehmensprofil in Richtung „Naturraummanagement“. Drei Nationalparks befinden sich mittlerweile auf den Gründen der Österreichischen Bundesforste (ÖBf): Hohe Tauern, Kalkalpen und Donauauen. Im Bereich „Erneuerbare Energien“ wurden bis jetzt neun Kleinwasserkraftwerke und ein Windkraftwerk mit 14 Windrädern errichtet. Weitere sind geplant. Gemeinsam mit der Stadt Wien betreiben die Bundesforste auch das Biomasseheizkraftwerk Simmering. In Summe können laut Freistetter die Bundesforste mit den Kleinwasserkraftwerken, dem Biomasseheizwerk Wien-Simmering und dem Windkraftwerk Pretul rund 77.000 Haushalte mit Strom aus erneuerbarer Energie versorgen. „Als in den 1990ern die Nationalparks gegründet wurden, wurden die damaligen Bediensteten des Bundes, die die Gebiete betreuten, vom Forstwirtschaftlichen Personal zu Nationalparkbediensteten umgeschult. Die Zusammenarbeit mit dem zusätzlichen Personal der Nationalparkgesellschaften funktionierte nach einer Eingewöhnungsphase sehr gut“, erinnert sich Andreas Freistetter an die Zeit zurück, als viele große Flächen der Bundesforste der
österreichischen Bevölkerung zur Erholung zur Verfügung gestellt wurden.

Gesunder Wald für alle
Heute bilden sich MitarbeiterInnen im Bereich „Waldpädagogik“ weiter – mit Erfolg, denn die Waldführungen der Bundesforste werden gerne von Kindergärten, Schulen, aber auch interessierten Erwachsenen in Anspruch genommen. „Diese Nische wird vom Unternehmen Österreichische Bundesforste gefördert“, weiß Freistetter. „Wenn man jungen Menschen ein Verständnis für den Wald, die Natur und deren Schutz näherbringen kann, ist es ideal. Aber auch in späteren Jahren ist die Aneignung von Wissen über die Natur hilfreich. Denn die Uninformiertheit vieler Leute, die den Wald besuchen, ist die Hauptursache für Konflikte“, weiß Förster Fritz Holzinger aus Erfahrung. Er ist seit 30 Jahren Revierleiter und damit regionaler Ansprechpartner des Forstrevieres Stadlhütte im Forstbetrieb Wienerwald, ein rund 2.800 Hektar umfassendes Gebiet am westlichen Stadtrand von Wien. Denn neben den Aufgaben Holzernte, Waldpflege, Naturschutz, Jagd und Fischerei stellt der Bereich Naherholung durch mehr als zwei Millionen BesucherInnen seines Gebietes pro Jahr eine Herausforderung für den Revierleiter und sein kleines Team dar. Die unterschiedlichen Sichtweisen oder das Unwissen der verschiedenen Nutzergruppen – von Tagesausflüglern wie SpaziergängerInnen, MountainbikerInnen, HundebesitzerInnen bis zu Pächtern und Landwirten – führen oftmals zu Konflikten, zu denen der Revierleiter Holzinger gerufen wird. „Beispielsweise sind 65 Hektar Wiesen an lokale Landwirte als Futterwiesen verpachtet – wird die Wiese durch Picknickdecken niedergedrückt oder durch Hundekot oder Abfall verunreinigt, der dann ins Futter für die Tiere gelangt, stellt das ein Problem dar. Abgesehen davon, dass man die Wiese nicht betreten hätte dürfen. Aber auch Tiere werden gestört. Der Wachtelkönig ist ein Wiesenbrüter, wird er aufgeschreckt, verlässt der Vogel das Nest und die Eier kühlen aus. Passiert das öfter oder zu lange, stirbt die Brut. Daher haben sich die Landwirte an vorgeschriebene Mähtermine zu halten. Und nicht nur einmal hat der liebe Schoßhund ein Rehkitz, das in der Wiese lag, totgebissen – trotz Leinenpflicht“, berichtet Fritz Holzinger aus seinem Arbeitsalltag. In seinem Gebiet sind viele Wiesen an Landwirte und Waldstücke an Jäger verpachtet. Mittlerweile werden 80 Prozent des Holzes von Unternehmen geschnitten, die von den Bundesforsten beauftragt werden. Neben der befallenen Fichte, dem oben beschriebenem „Käferbaum“, liegt eine kleine Feuchtwiese, in der verschiedenste Pflanzen wachsen und auch äußerst wichtig für die Tierwelt sind. Zu bewirtschaften ist allerdings für den Pächter schwer. „Natürlich wäre es einfacher und ertragreicher, so eine Feuchtwiese aufzuforsten, aber da handeln die Bundesforste im Sinne der Nachhaltigkeit“, sagt Andreas Freistetter. 2005 wurde die Regionsbezeichnung „Biosphärenpark Wienerwald“ von der UNESCO dem Gebiet verliehen – viele Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen für die Region werden hier entwickelt und gelebt. „Die ÖBf bringen einen großen Teil der Waldflächen ein. Auch von den rund 5.000 Hektar Kernzonen, das sind flächig verteilte Naturschutzgebiete, liegt ein großer Teil auf dem Grund der Bundesforste“, weiß Revierleiter Holzinger. In seinem Gebiet, hier im Wienerwald, sind die Laubbäume Eiche, Buche, Kirsche, Ahorn, Esche und Erle vertreten sowie die Nadelhölzer Lärche, Fichte, Kiefer, Tanne und Douglasie. Neben der Forststraße im Wald befindet sich ein kleines Biotop. Holzinger hat den Wasserabfluss etwas höher gesetzt, sodass sich das von oben kommende Wasser staut. Unmengen von Froschlaich und sogar ein Feuersalamander schwimmen darin. „Auch Wildenten nützen die Wasserstelle. Ich hätte den Wasserabfluss auch tiefer legen können, dann würde das Wasser abfließen und man käme einfacher zu den Bäumen, aber so schaffe ich Lebensraum für Amphibien und andere Lebewesen“, sagt Holzinger. Seine Aufgaben liegen in der Holzernte und Waldpflege, weitere Betätigungsfelder liegen in touristischen Angelegenheiten und der Jagd, gefolgt von Naturschutz, Grenzsicherung, Wahrung der Interessen der Bundesforste und die restliche Zeit benötigt er für Konfliktlösungen und -vermeidungen durch Aufklärung der Bevölkerung
sowie Dokumentation der Arbeiten. „Aber nicht nur
im Biosphärenpark Wienerwald, sondern im gesamten

Gebiet der Österreichischen Bundesforste bietet unser Revierpersonal Waldführungen an. Erholung, Naturschutz und wirtschaftliche Nutzung sind die Grundpfeiler der Bundesforste“, zählt Andreas Freistetter auf.

Gewerkschaftliche Grundpfeiler

Zu den gewerkschaftlichen Grundpfeilern zählt der Kollektivvertrag, der jährlich zwischen den Betriebsräten, der GÖD (für die Angestellten), der PRO-GE (für die ArbeiterInnen) und der Unternehmensführung der Bundesforste verhandelt wird. Die GÖD unterstützt die Betriebsräte, die vorab auf Basis der Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit der Unternehmensführung Gespräche zur Lösungsfindung führen. Die Kollektivvertragsverhandlungen führten daher zu guten Ergebnissen für alle Beteiligten. Der heutige Kollektivvertrag basiert auf jenem, der in einem eineinhalbjährigen Prozess nach der Ausgliederung der Bundesforste im Jahr 1997 unter Einwirkung der Gewerkschaft gelungen ist. „Drei Punkte waren und sind für uns darin wesentlich: Das Gehalt, das Bonussystem und zusätzliche Pensionskassenregelungen“, hält Freistetter fest. Das Bonussystem ist ein zusätzlicher Motivationsfaktor für die MitarbeiterInnen. Zu den weiteren Erfolgen des Betriebsrates der vergangenen Jahre zählen: Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit für den gesamten Innendienst (auch für Teilzeitbeschäftigte), Vertrauensarbeitszeit für den Außendienst und die Möglichkeit von Sabbaticals. Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass sich die Arbeitszeit der MitarbeiterInnen des Außendienstes, wie z. B. FörsterInnen, SpezialistInnen, JägerInnen, nach der „Natur des Dienstes“, wie es im Kollektivvertrag genannt wird, richtet. Die Unternehmensleitung bzw. die Personalabteilung vertraut der Belegschaft. „Natürlich gibt es bei der Vertrauensarbeitszeit begrenzte Höchstarbeitszeiten“, ergänzt Freistetter. Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf Ökologie und Ökonomie, sondern auch auf das soziale Handeln eines Unternehmens. Die genannten Arbeitszeitmodelle und Möglichkeiten, familienfreundliche Arbeitszeiten, Führen in Teilzeit, aber auch die betriebliche Pensionsvorsorge oder das Sommerferiencamp für die Kinder der MitarbeiterInnen (sofern es die Corona-Bestimmungen zulassen) zählen dazu. Die Zusammenarbeit der PersonalvertreterInnen im Betriebsrat und der Gewerkschaft – der BV6, der Bundesvertretung Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – funktioniere bestens, meinen Andreas Freistetter, Friedrich Holzinger und der Vorsitzende der BV6, Josef Treiber, unisono. Der Burgenländer Josef Treiber, der die Weinbauschule in Klosterneuburg absolvierte, ist neben seiner Funktion als Bundesvorsitzender auch als Bundeskellereiinspektor verantwortlich für die Einhaltung des Weingesetzes.Als Vorsitzender der Bundesvertretung Land- undForstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist er seit fast 20 Jahren für die Überprüfung der Einhaltung der geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe, Verfügungen und Kollektivverträge verantwortlich. „Anliegen, die an uns herangetragen werden, prüfen wir gemeinsam mit der Rechtsabteilung der GÖD und folgend werden Maßnahmen, bis hin zu Gerichtsverhandlungen, gesetzt. Jedoch versuchen wir, im Vorfeld Lösungen im Sinne unserer Mitglieder zu finden“, erklärt Josef Treiber. Bezogen auf die Bundesforste arbeitet er mit Andreas Freistetter an der Weiterentwicklung der Kollektivverträge und an einem erfolgreichen Abschluss der jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen.

Viren und andere Gefahren

Die Österreichischen Bundesforste stellen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern COVID-19-Tests sowie FFP2-Masken zur Verfügung. Bereits davor war es möglich, sich während der Arbeitszeit extern testen zu lassen. Homeoffice ist für MitarbeiterInnen im Innendienst, wie in Forstbüros österreichweit, aber auch im Unternehmenssitz in Purkersdorf, möglich. Teams wurden gebildet, man ist abwechselnd im Büro oder arbeitet von zuhause aus. Für MitarbeiterInnen des Außendienstes wie Förster, Jäger, Forstfacharbeiter stellt Homeoffice natürlich keine Option dar,es wird getestet und FFP2-Masken werden getragen (außer man arbeitet allein im Wald). „Homeofficefunktioniert bestens, wenn folgende drei Punkte zutreffen: die Tätigkeit und die technische Ausstattung müssen dafür geeignet beziehungsweise vorhanden sein und die Person sollte selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten können“, zählt Josef Treiber auf. Die ersten beiden Punkte sind selbsterklärend, für den dritten Punkt sieht Treiber Freiwilligkeit und Flexibilität als wesentlich an. „Homeoffice muss sowohl für die Dienstnehmer- als auch Dienstgeber- Seite freiwillig sein. Die Praxis hat gezeigt, dass meist zwei bis drei Tage Homeoffice ergänzend zum Arbeiten im Büro ideal sind“, meint Treiber. Dass Homeoffice funktioniert, wurde während der Pandemie sogar den Skeptikern auf Dienstgeberseite bewiesen. Derzeit steht die Sicherheit des Arbeitsplatzes an sich an erster Stelle. Dieser ist bei den Österreichischen Bundesforsten gewiss. „Wir hatten nicht einen einzigen Mitarbeiter in Kurzarbeit“, sagt Betriebsratsvorsitzender Freistetter. Doch Sicherheit am Arbeitsplatz ist definitiv ein Thema bei den Bundesforsten. „Alle Forstfacharbeiter erhalten bei uns die beste Schutzausrüstung, dazu zählen beispielsweise Hosen mit Schnittschutz, Gehörschutz und Helme“, zählt Revierleiter Fritz Holzinger auf. Forstarbeit ist Schwerarbeit, Unfälle lassen sich nicht immer verhindern. Ablenkungen, wie Mobiltelefone, sind beim Arbeiten in der Natur besonders gefährlich.

Verantwortung für Generationen

Doch die Vorzüge überwiegen für den Förster Holzinger klar: „Die Vielfältigkeit der Tätigkeiten, der Bogen an Aufgaben in Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, die vielen am Wald interessierten Menschen oder die Jahreszeiten in der Natur täglich erleben zu dürfen, das macht meine Arbeit so erfüllend.“ Wenn aus einer Eichel, die vor rund 30 Jahren vom Mutterbaum abgefallen ist, trotz aller Umwelteinflüsse ein junger Baum wuchs und er weiß, dass diese Eiche noch weitere hundert Jahre wächst, ist das ein sehr erhebendes Gefühl und relativiert die Kurzatmigkeit unserer Zeit. Diesem Denken in Generationen steht die Fluktuation des Personals entgegen. Fritz Holzinger und Andreas Freistetter begannen ihren Dienst bei den Bundesforsten vor circa 35 Jahren, nach Bundesheer und Försterausbildung. Die Zeiten haben sich gewandelt und: „Es wird immer schwieriger, Personal zu finden. Früher hatten wir fünf bis zehn geeignete Kandidaten, heute können wir manchmal nur mehr aus zwei Kandidaten wählen“, sagt Andreas Freistetter. „Dabei haben die Bundesforste viel zu bieten, nicht nur die klassischen forstwirtschaftlichen Berufe, sondern auch andere vielfältige Möglichkeiten in den Bereichen Immobilien, Dienstleistungen, Erneuerbare Energien oder Kreativwirtschaft. Die Altausseer Seewiese war sogar ein Drehort des James-Bond-Films ‚Spectre‘“, erzählt Freistetter. Welche Anliegen Zentralbetriebsrat Andreas Freistetter und Förster Fritz Holzinger haben? Dass die Österreichischen Bundesforste auf ihrem Weg bleiben, ein attraktives Unternehmen, das Nachhaltigkeit nicht nur als Etikette führt, sondern lebt – vom Pflanzen von klimafitten Bäumen über Natur- und Artenschutz bis hin zu Vertrauensarbeitszeit und betrieblicher Pensionsvorsorge. Denken in Generationen – Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Natur und das Land Österreich mit seiner Bevölkerung.

 

 

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