27.06.2024

Interview mit Herbert Bayer, Vorsitzender der GÖD-Finanzgewerkschaft

Was sind derzeit die größten Herausforderungen für Sie als Vorsitzender der Finanzgewerkschaft?
Wir sind ein hochgradig wissensbasiertes Ressort mit großer Vielfalt an herausfordernden Aufgabenstellungen, eine fundierte Ausbildung ist das Um und Auf. Allein heuer nehmen wir 1.000 neue Kolleginnen und Kollegen auf. Um diese auszubilden, stehen aber aufgrund der demografischen Situation nur mehr wenige Bedienstete mit langjähriger Erfahrung zur Verfügung. Diese sind sehr gefordert, weil das operative Tagesgeschäft weiterlaufen muss.

Welche Pläne und Ziele möchten Sie in der näheren Zukunft umsetzen? Was ist Ihnen in Ihrer Arbeit besonders wichtig?
Das Besoldungsrecht für Vertragsbedienstete beinhaltet kaum Anreize, Führungsverantwortung zu übernehmen, eine Fachkarriere anzustreben oder eine nachhaltige Bindungswirkung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in zu erzeugen. Wir verzeichnen einen Anstieg der Fluktuation, unsere Kolleginnen und Kollegen werden von der Privatwirtschaft immer erfolgreicher abgeworben. Wir brauchen ein faires, den Anforderungen gerecht werdendes Besoldungsrecht – und auch Anreize für ältere Mitarbeitende, länger im Aktivstand zu bleiben. Die Altersteilzeit wäre ein sehr erfolgreiches Instrument, da braucht es Regelungen, diese auch in Anspruch nehmen zu können.

Mit welchen Maßnahmen kann man dem Personalmangel entgegenwirken?
Von der Steuererklärung am Bierdeckel sind wir so weit entfernt wie noch nie. Die materiell-rechtliche Komplexität ufert immer mehr aus, wir brauchen dringend eine deutliche Vereinfachung der Steuer-Legistik. Das Finanzressort dürfte sich auch zum Magneten für Zusatzaufgaben entwickelt haben, wie man auch am Beispiel COFAG* gut sehen kann.

Was waren aus Ihrer Sicht die größten Errungenschaften der Finanzgewerkschaft in den letzten Jahren?
In Punkto flexibles Arbeiten – hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort – haben wir sicherlich einen großen Schritt nach vorne gemacht. Dazu haben wir übrigens aktuell beim Dienstgeber auch noch die eine oder andere Idee zur weiteren Optimierung deponiert.

Das Finanzressort bewältigt eine Reihe an unterschiedlichen Aufgaben und Herausforderungen. Wie macht sich das für die Bürger:innen in Österreich bemerkbar?
Die meisten Bürger:innen spüren das vermutlich nur indirekt, was aber irgendwo auch ein gutes Zeichen ist und für Sicherheit und Stabilität spricht. Das Finanzressort stellt die staatlichen Einnahmen mit dem klaren Fokus auf die Steuergerechtigkeit sicher. Davon profitiert jeder einzelne Bürger, jede einzelne Bürgerin. Wir haben aber auch wichtige Aufgaben im Bereich der Beihilfen oder, wenn wir an den Zollbereich denken, in der Sicherung des Warenverkehrs und im Konsumentenschutz.

*Zur Unterstützung der österreichischen Wirtschaft in der Corona-Krise wurde die COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) im Rahmen des COVID-19-Gesetzes gegründet. Diese wird aufgelöst, nach Abwicklung der COFAG werden manche Agenden (u. a. die Rückforderung zu Unrecht bezogener Förderungen) durch die Finanzverwaltung wahrgenommen.