Fluch oder Segen?
Homeoffice – Teleworking – Mobiles Arbeiten
Text: Monika Gabriel: GÖD-Vorsitzenden-Stellvertreterin und Bereichsleiterin der GÖD-Frauen
Im Zuge der Herbstdienstrechtsnovelle 2002 (Verhandlung BKA und GÖD) wurde u.a. vereinbart, dass der gesamte öffentliche Bundesdienst die Möglichkeit zur Telearbeit erhält. Unser damaliges GÖD-Verhandlungsteam hat die Telearbeit (als familienfreundliche Arbeitserleichterung) nicht nur gefordert, sondern auch forciert. Ein von den Dienstgebern eher „ungeliebtes Kind“ erblickte das Licht der „modernen“ Arbeitswelt. Telearbeit bedeutet: Erbringen der Arbeitsleistung an einem anderen als dem üblichen Arbeitsort unter Ausnutzung von Hilfsmitteln der Informations- und Kommunikationstechnik. Viele Auflagen und Vereinbarungen zwischen DienstgeberInnen und DienstnehmerInnen waren notwendig, die Personalvertretung muss eingebunden werden. Der Begriff „Homeoffice“ wurde vermehrt verwendet. Er sei genauer, da im Wort schon festgehalten wird, dass man „zuhause“ (an der gemeldeten Wohnadresse) zu arbeiten hat und nicht „irgendwo“. Tatsache ist, dass DienstgeberInnen und DienstnehmerInnen frei entscheiden konnten, ob, an welchen Tagen sowie in welchem Zeitraum Homeoffice möglich gemacht wird. Jungeltern nutzten diese familienfreundliche Arbeitsmöglichkeit gerne. Die Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks wurde positiv angemerkt und „ich kann im Freizeitlook“ bequem und effektiv arbeiten. Die „Selbstausbeutung“ kam auch gleich zum Tragen. Aber dies war stets eine freiwillige Vereinbarung! Dann kam die Zeit der Pandemie und die Freiwilligkeit der DienstnehmerInnen war aus Gründen der Gesundheitsvorsichtsmaßnahme nicht mehr so wichtig. Viele KollegInnen freuten sich, endlich auch im Homeoffice arbeiten zu dürfen. Die Wochen zogen ins Land und die Freude darüber, nur zuhause zu arbeiten, sank. Soziale „Bürokontakte“ fehlten. Die Wohnung ist nicht für Telearbeit gemacht: Der Esstisch wurde zum Büro, der Bürosessel und der Drucker fehlt, der Laptop „spinnt“, WLAN ist zu langsam und dazwischen sind ein oder mehrere Klein- oder Schulkind/er zu betreuen, während man schreibt, telefoniert oder einer Videokonferenz beiwohnt. Kochen, Aufräumen, Besorgungen für Großeltern u.v.a.m. ist auch zu erledigen. Das Gefühl „jö fein, ich kann von zuhause aus arbeiten“ schlägt um in ein „ich bin gestresst, ich möchte wieder ins Büro“. Auch das Raumproblem wird zur Herausforderung, der Rückzugsort „Zuhause“ fällt aus, speziell wenn man zu zweit – und mit einem oder mehreren Kindern – zu arbeiten hat. Medien kolportieren, dass Haushaltsunfälle zunahmen und die psychischen Erkrankungen anstiegen. Vorbei ist’s mit der Familienverträglichkeit. Verschiedene Studien wurden zu Homeoffice erstellt, wie von der Uni Wien „New Way of Working“ von ao. Univ.-Prof. Risak1 oder von Deloitte „Wie Covid-19 das Arbeiten in Österreich verändert“2 . Ich bin der Meinung, dass flexibles Arbeiten eine gute Möglichkeit zur DienstgeberInnen- und DienstnehmerInnenzufriedenheit sein kann. Aber es kommt auf die Balance an, z.B. zwei Tage Homeoffice, drei Tage Büro – die Kinder sind (dann hoffentlich) im Kindergarten oder in der Schule. Gute Rahmenbedingungen DienstgeberInnen und DienstnehmerInnen betreffend, Freiwilligkeit, digitale Ausstattung und arbeitsrechtliche Verbesserungen müssen mittels Sozialpartnervereinbarung erwirkt werden. Dann könnte das dauerhafte neue Arbeiten „von wo aus auch immer“ eine Erfolgsstory für alle Beteiligten werden. GÖD-Vorsitzender Norbert Schnedl: „Seit Jahren setzt sich die Gewerkschaft mit der Digitalisierung der Arbeitswelt auseinander und wird sich am angekündigten Prozess zur Verbesserung der gesetzlichen Grundlage für mobiles Arbeiten gerne beteiligen. Mobiles Arbeiten wird auch in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen.“ Das sehe ich auch so und hoffe sehr, dass dann das Mobile Arbeiten eher ein „Segen“ sein könnte. l
Erschienen im GÖD-Magazin 6/20