Jede und jeder kann Opfer werden
Wie kann ich mich vor einem Trickbetrug schützen? Und was kann ich tun, wenn ich Opfer eines Betrugsfalles geworden bin? Ing. Thomas Schneeweiss, stv. Assistenzbereichsleiter der Polizeilichen Kriminalprävention im Landeskriminalamt Niederösterreich, hat für „GÖD aktuell“ die richtigen Antworten.
Das Interviewt stammt aus dem GÖD-Magazin 3/2023
Sie arbeiten im Bereich Kriminalprävention, was genau kann man sich darunter vorstellen?
Die Polizeiliche Kriminalprävention ist eine bereits 1974 gegründete Serviceeinrichtung der österreichischen Exekutive zur Verhinderung von Straftaten. Speziell ausgebildete Beamtinnen und Beamte beraten die Bevölkerung, wie jeder Einzelne durch Verhaltensänderung oder technische Hilfsmittel verhindern kann, Opfer einer Straftat zu werden. Unser Referat ist in die jeweiligen Landeskriminalämter integriert, wo wir eng mit den ermittelnden Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten und in regelmäßigem Austausch stehen. Das Angebot umfasst sowohl Einzelberatungen als auch Vorträge und Workshops für größere Gruppen, wie Schulen, (Pensionisten-)Vereine oder Firmen. Themen sind zum Beispiel „Internetkriminalität“ oder „Wie schütze ich mein Eigentum“. Im gewerblichen Bereich für Banken, Juweliere und den Handel allgemein werden auf Anfrage Mitarbeiterschulungen zu den Themen „Ladendiebstahl“ und „Verhalten bei Überfällen“ durchgeführt. Diese Beratungen und Vorträge sind kostenlos. Darüber hinaus beteiligen wir uns an verschiedenen Gewaltschutzprojekten (Opferkontaktgespräche und präventive Rechtsaufklärung bei Gewalt in der Privatsphäre). Wichtig ist auch die Präventionsarbeit mit Jugendlichen, wobei der Schwerpunkt bei den 13- bis 14-Jährigen, also der Gruppe rund um die Strafmündigkeit, liegt.
Phishing oder der alte Neffen-Trick sind derzeit wieder in den Medien: Mit welchen Betrugsmaschen haben wir es aktuell am häufigsten zu tun?
Leider kommen bekannte Betrugsmaschen in leicht abgewandelter Form immer wieder. Der Enkel/Neffen-Trick funktioniert seit mindestens zwei Jahrzehnten. Derzeit sind die WhatsApp-Betrugsmaschen mit dem Finanzamts-Nachzahlungstrick bzw. der Tochter/Sohn-Trick sehr populär. Es werden Nachrichten verschickt, in denen sich das angebliche Kind an den Vater oder die Mutter wendet und dazu auffordert, eine Nachricht auf WhatsApp zu schreiben. Hinter der neuen Nummer verbirgt sich jedoch nicht das eigene Kind, sondern Betrüger, die dann aufgrund einer vermeintlichen Notlage Geld fordern. Der „falsche Polizist“ ist seit mehr als drei Jahren nicht wegzubekommen. Täterinnen und Täter geben sich als Kriminalbeamte aus. Sie erzählen den Opfern, dass beispielsweise eine Einbrecherbande in der Nachbarschaft ihr Unwesen treibe und demnächst bei den Angerufenen einbrechen werde. Um Wertgegenstände und eventuelles Vermögen in Sicherheit zu bringen, sollen diese dem „Polizisten“ zur Aufbewahrung übergeben werden. Kommt es zu einem Treffen, holen die Komplizen das Geld und die Wertsachen ab.
Wie kann man sich vor Trickbetrug schützen und welche Präventionsmaßnahmen sind empfohlen?
Primär sollte ich erkennen, dass die Verantwortung zu einem großen Teil auch bei mir selbst liegt und die Verantwortung nicht bei jemand anderem zu suchen ist, z.B. der Bank oder dem Kreditinstitut. Die beste Prävention ist immer diejenige, bei der ich mit meinen Angehörigen – meinem Sohn, meiner Tochter, meinem Enkel oder meiner Nichte – den direkten Kontakt suche. Sprich, ich beende die Kommunikation und führe aktiv ein Telefongespräch mit der betroffenen Person. Auch wenn vorher suggeriert wurde, dass das nicht möglich sei. Damit lösen sich die meisten Betrugsversuche in Luft auf. Und sollte einer meiner Angehörigen in einer Notlage sein, ist ebenfalls ein von mir aktiv herbeigeführtes Telefongespräch mit der (richtigen) Polizei ein guter Schutz, um nicht auf Betrüger hereinzufallen.
Gibt es bestimmte Bevölkerungsgruppen, die besonders gefährdet sind, Opfer von Trickbetrügern zu werden?
Jeder, egal wie alt, egal wie gebildet, egal was auch immer, kann Opfer eines Trickbetruges werden. Die Täter sind meist sehr gut ausgebildet, rufen zu nachtschlafender Zeit an und setzen das Opfer von Beginn an unter einen solchen emotionalen Stress, dass einem meist nicht wirklich viel Handlungsspielraum zu verbleiben scheint. Man sollte trotzdem den Mut aufbringen, das Gespräch zu beenden und aktiv ein Telefongespräch herbeizuführen, dann hat man schon gewonnen. Durch das Delikt werden auch immer starke Gefühle des Menschen wie Neid, Gier, Liebe, ... angesprochen, wodurch das rationale Denken stark eingeschränkt wird. Wer will nicht seinen Liebsten helfen? Wer will nicht ein Schnäppchen machen?
Wie reagiert man richtig, wenn man Opfer von Trickbetrug geworden ist?
Sich eingestehen, dass man Opfer einer Betrugshandlung wurde. Anzeige auf der nächsten Polizeiinspektion erstatten und sich nicht allzu große Hoffnungen machen, man könne etwas von dem entstandenen Schaden (meist finanziell) zurückbekommen. Und auf gar keinen Fall irgendeinen Geldbetrag nachschießen, weil dann die Sache damit erledigt wäre, das vergrößert nur die Schadenssumme, auf der man letzten Endes leider sitzen bleibt. Die Anzeigeerstattung ist trotzdem wichtig, damit die Täter gestoppt werden können und damit man Schaden für andere verhindert.
Wie kann man als Laie legitime Angebote von betrügerischen Angeboten, Stichwort „Fake-Shops“, unterscheiden?
Schauen, ob es auf der Webseite ein Impressum gibt; wenn nicht – Hände weg. Suchmaschinen befragen, ob es Erfahrungen mit diesem Webshop gibt und die Partnerseiten der Exekutive watchlist-internet.at und den Internet-Ombudsmann ombudsstelle.at zu Rate ziehen. Falls der Shop dort gelistet wird, ist es nicht empfehlenswert, ein Schnäppchen dort zu erstehen.
Wie können Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen, Trickbetrug zu verhindern und aufzudecken?
Eine gesunde Portion Skepsis walten lassen. Sich die Frage stellen: Warum ich der Begünstigte sein soll, der da jetzt das Geschäft seines Lebens macht? Kann es wirklich sein, dass mein Angehöriger in einer Klemme steckt? Die Polizei und die österreichischen Behörden werden und können Strafbescheide nicht per Mail zustellen und somit schon gar nicht per WhatsApp. Und die Polizei gibt Ihnen zwar Tipps, wie Sie Ihr Eigentum schützen können, wird aber niemals Ihre Wertgegenstände zur Verwahrung übernehmen!
Wie hat sich die Art und Weise, wie Trickbetrug begangen wird, in den letzten Jahren verändert und wie passt die Polizei ihre Strategien an diese Entwicklungen an?
Das Delikt Trickbetrug hat die Antwort schon im Namen. Die Betrugshandlung, sprich die Täuschung (der Trick), wandelt sich im Laufe der Zeit immer wieder, wenn auch nur leicht oder in Nuancen ab, und es werden dadurch wieder neue Opfer generiert. Die Polizeibehörden hinken somit den aktuellen Betrugsformen immer hinterher. Wir versuchen auch so schnell wie möglich zu warnen, allerdings wird der Trick von den Betrügern leicht abgewandelt und schaut morgen schon wieder etwas anders aus. Die Polizei kann nicht vor jeder einzelnen Abwandlung eines Tricks warnen. Einfach den Hausverstand nicht beim Lebensmittelhändler abgeben, sondern anwenden und zu Rate ziehen. Mehr als zu warnen und zu versuchen, der Täter habhaft zu werden, kann die Exekutive leider nicht tun.
Weitere Tipps finden Sie auf den Seiten der Kriminalprävention: bundeskriminalamt.at/202/Betrug_verhindern/start.aspx