MÄNNERKARENZ
Der Öffentliche Dienst ist Vorreiter bei der Väterkarenz. Dennoch klaffen Wunsch und Realität immer noch weit auseinander. Woran liegt das?
Text: Doris Bayer ist GÖD-Frauensekretärin.
Am 18. Oktober fand im Sozialministerium die Abschlusskonferenz des EU-Projekts „Männer und Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Wege zur gerechten Verteilung von Karenz-, Betreuungs- und Arbeitszeiten“ statt (siehe auch maennerundvereinbarkeit.at/). Immer mehr Männer haben den Wunsch, sich stärker an Kindererziehung und Familienbetreuungsarbeit zu beteiligen. Das spiegelt sich jedoch in der Realität nicht wider. Warum? Das Projekt hat dies auf Unternehmens-, Paar- und Informationsebene erforscht und kam zu folgenden Ergebnissen: Nicht die Höhe des Kinderbetreuungsgeldes hält Männer davon ab, in Karenz zu gehen. Vielmehr ist es die Angst vor beruflichen Konsequenzen. Über den Babymonat hinaus wagen es viele Männer nicht, Karenz zu beanspruchen. Erst wenn ein anderer Mann im Unternehmen in Karenz geht oder war und dies von der Unternehmensführung goutiert bzw. gefördert wurde, ist die Sicherheit vorhanden, sich auch seinen Kindern zu widmen (Schneeballeffekt). Aber selbst wenn eine Unterstützung vorhanden ist, werden trotzdem nur kurze Karenzzeiten von zwei bis drei Monaten in Anspruch genommen, da Männer in ihrer Tätigkeit, bei einem Projekt, in der Führungsebene zu „wertvoll“ sind. Die Einführung des Familienzeitbonus mit 1. 3. 2017, der an die Eltern ausgeschüttet wird, wenn sie sich die Karenz für ihr Kind 50 : 50 bzw. zumindest 60 : 40 teilen, hat bis dato noch nicht viel verändert. Derzeit gibt es dazu zwar keine offiziellen Zahlen, aber die Ergebnisse des EU-Projekts zeigen, dass längere Abwesenheiten als problematisch gesehen werden, vor allem bei leitenden Positionen. Die „Unersetzbarkeit“ ist für Männer ganz anders definiert als für Frauen. Für Frauen ist es klar, dass sie in Karenz gehen. Ihnen „gehört“ die Karenz, während sie für Männer nur eine Option ist. Männer überlegen sehr genau bezüglich beruflicher Nachteile, Frauen gehen jedenfalls in Karenz. Auch ist für Männer Teilzeit kaum eine Option, wobei die Regelungen dazu kaum bis gar nicht bekannt sind. Zugleich ist das Einkommen der Partnerin ein großer Aspekt. Das Schließen der Einkommensschere (Gender Pay Gap) wäre also zusätzlich eine zentrale Voraussetzung für mehr Väterbeteiligung. Wie so oft übernimmt der Öffentliche Dienst hier eine Vorreiterrolle. Nicht nur fällt der Einkommensunterschied im Öffentlichen Dienst geringer aus als im österreichischen Durchschnitt, ist es auch jedem Vater möglich, in Karenz oder Teilzeit zu gehen, egal, welche Position er bekleidet. ●
Erschienen im GÖD-Magazin 1/18.