Möglichkeiten der Personalvertretung bei Kündigung
In der letzten Ausgabe wurde die Einbindungspflicht der Personalvertretung im Falle einer Dienstgeberkündigung dargestellt. Dieser Artikel befasst sich nun mit deren konkreten Mitwirkungsrechten.
Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 4/2024 von Dr. Martin Holzinger
Zunächst soll kurz in Erinnerung gerufen werden, wie die Personalvertretung nach dem Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) im Falle der Kündigung bzw. Entlassung eines Bediensteten vorzugehen hat. Bei der Auflösung des Dienstverhältnisses durch Entlassung oder Kündigung durch den Dienstgeber und bei der einverständlichen Auflösung des Dienstverhältnisses muss die Personalvertretung von der Dienststellenleitung rechtzeitig eingebunden werden (§ 9 Abs 1 lit i PVG). Rechtzeitig bedeutet, dass spätestens zwei Wochen vor der Durchführung der beabsichtigten Maßnahme dies dem zuständigen Organ der Personalvertretung (PV-Organ) mitzuteilen ist (§ 10 Abs 1 PVG). Diese Mitteilung hat nachweislich zu erfolgen. Darunter wird man in erster Linie Schriftlichkeit verstehen. Die Schriftlichkeit ist jedoch hier nicht zwingend, alternativ dazu könnte die Mitteilung auch vor Zeugen erfolgen. Es wäre also dem Gesetz genüge getan, wenn die Dienststellenleitung im Rahmen eines persönlichen Gesprächs die vorsitzführende Person sowie ein weiteres Mitglied des zuständigen Personalvertretungsausschusses von einer geplanten Kündigung mündlich informiert. Sobald die Personalvertretung von der beabsichtigten Auflösung des Dienstverhältnisses in Kenntnis gesetzt wurde, muss sie eine Entscheidung treffen, wie sie reagieren soll. Sie kann sich ausdrücklich gegen die Auflösung aussprechen oder kann zur geplanten Maßnahme die Zustimmung erteilen. Für diese Reaktion stehen zwei Wochen ab dem nachweislichen Erhalt der oben erwähnten Mitteilung zur Verfügung. Die Personal-vertretung kann sich auch „verschwei-gen“, also innerhalb der Frist keine Stel-lungnahme abgeben. Dies gilt jedoch nach Ablauf dieser Frist als Zustimmung zur geplanten Maßnahme.1
Das „nein“ der Personalvertretung zur beabsichtigten Kündigung führt jedoch nicht dazu, dass eine Kündigung nicht ausgesprochen werden darf. Es bietet dem PV-Organ die Möglichkeit, mit dem Dienstgeber über diese Maßnahme mündlich zu verhandeln. Diese Verhandlung kann „erzwungen“ werden, dies setzt aber voraus, dass die Personalvertretung unter Verweis auf § 10 Abs 4 PVG eine mündliche Beratung verlangt.2 Das PVG beinhaltet grundsätzlich wenig unmittelbare Sanktionen für den Fall des Verstoßes gegen das PVG durch den Dienstgeber. Gerade im Falle der Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung oder Entlassung normiert das PVG jedoch im § 9 Abs 1 lit i PVG entsprechende Sanktionen, sollte die Personalvertretung nicht gesetzeskonform eingebunden werden.3
Das PV-Organ hat also mit Beschluss eine entsprechende Meinungsbildung herbeizuführen. Auch die Entscheidung, keine Äußerung innerhalb der vorgegebenen Frist abzugeben, bedarf eines Beschlusses. Der Vorsitzende des PV-Ausschusses, der die Kompetenz hat, Ausschusssitzungen einzuberufen, handelt rechtswidrig, wenn er die Frist einfach ohne Anberaumung einer entsprechenden Sitzung verstreichen lässt. Beschlüsse können nicht nur in Präsenzsitzungen, sondern auch in so genannten „Hybridsitzungen“ gefasst werden, wo nicht die physische Anwesenheit aller Mandatare erforderlich ist, aber auch in einer Videokonferenz.4 Die vorsitzführende Person des PV-Organs kann die Beschlussfassung grundsätzlich auch durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder im Umlaufweg herbeiführen. Angelegenheiten des § 9 Abs. 1 lit i PVG sind mit Ausnahme der einverständlichen Auflösung des Dienstverhältnisses und – verkürzt ausgedrückt – der Kündigung wegen Erreichung des Pensionsantrittsalters5 von einer Beschlussfassung im Umlaufweg ausgeschlossen. Da bei einer Beschlussfassung „im Umlaufweg“ keine Möglichkeit der Debatte innerhalb des Gremiums gegeben ist, und der Gesetzgeber diese Möglichkeit der Beschlussfassung ausgeschlossen hat, ist erkennbar, wie wichtig dem Gesetzgeber die Abhaltung einer Debatte im Falle der drohenden Kündigung bzw. Entlassung ist.
In einem konkreten Fall, den die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) im Dezember 2023 entschieden hatte, wurde das Verhalten des Dienststellenausschusses (DA) im Zusammenhang mit einer drohenden Kündigung rechtlich geprüft.6 Der PVAB obliegt die Aufsicht über die PV-Organe, welche insbesondere die Sorge um die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung umfasst. Die Aufsicht erfolgt von Amts wegen oder auf Antrag einer Person oder eines Organs der Personalvertretung, die oder das die Verletzung ihrer oder seiner Rechte durch rechtswidrige Geschäftsführung behauptet.7 Die Anzeige hat der Bedienstete eingebracht, der von der Kündigung bedroht war.
Die Mitglieder eines PV-Organs müssen, um sachgerechte Beschlüsse fassen zu können, den erforderlichen Wissensstand haben.8 Daher verletzen seine Mitglieder das PVG, wenn sie Beschlüsse ohne den bestmöglichen Informationsstand in der jeweiligen Personalvertretungsangelegenheit fassen. Eine Anhörungspflicht des betroffenen Bediensteten im Rahmen der Entscheidungsfindung der PV-Organe besteht zwar nicht, aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall besteht eine Anhörungspflicht im Ausschuss insbesondere dann, wenn ein PV-Organ im Interesse der Gesamtheit der Bediensteten erwägt, von sich aus anzuregen, gegen einen bestimmten Bediensteten in einer Weise vorzugehen, die dessen persönliche Interessen schwerwiegend beeinträchtigt. Unter diesen „schwerwiegenden Beeinträchtigungen“ sind beispielsweise eine Versetzung, eine Kündigung oder Entlassung oder die Einleitung eines Straf- oder Disziplinarverfahrens zu verstehen.9 Dies gilt auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Dienstgeber eine Kündigung beabsichtigt, da es sich hier um eine Maßnahme handelt, welche die Interessen der betroffenen Bediensteten besonders schwerwiegend beeinträchtigt.
In der Sitzung des DA fand vor der Beschlussfassung über die Zustimmung zur Kündigung keine Debatte statt. Dem Protokoll der Sitzung, welches der DA der PVAB zur Verfügung stellen musste, waren die Gründe für die Zustimmung des DA zur beabsichtigten Kündigung nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. Der DA hat weder als Kollegialorgan eine persönliche Anhörung des betroffenen Bediensteten vorgenommen, noch eines oder mehrere seiner Mitglieder damit beauftragt, um den DA vor seiner Beschlussfassung über die Standpunkte und Argumente des Bediensteten zu informieren und seinen Mitgliedern die Gelegenheit zu geben, sich damit auseinanderzusetzen und ihren Wissensstand in dieser Angelegenheit im gebotenen Umfang zu erweitern.
Ein PV-Organ handelt nur dann nicht rechtswidrig, wenn es nach umfassender Prüfung des Sachverhalts in objektiv vertretbarer und nachvollziehbarer Weise zu einem Ergebnis gelangt. Im gegenständlichen Fall war die Entscheidung des DA, der Kündigung zuzustimmen, jedoch nicht objektiv nachvollziehbar, weshalb sich deren Sachlichkeit der nachprüfenden Beurteilung durch die PVAB entzog. Der Beschluss des DA wurde von der PVAB wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben. Auf die Kündigung an sich hat dies jedoch keine Auswirkungen, da der Dienstgeber die formell erforderlichen Schritte und Fristen im Sinne des PVG eingehalten hat.
1 § 10 Abs 2 PVG. 2 Siehe auch Schragel, PVG § 10 RZ 20. 3 Siehe dazu die Ausführungen im Artikel „Kündigung nur mit Einbindung der Personalvertretung“ in der Ausgabe 3/2024. 4 § 22 Abs 2a PVG. 5 § 32 Abs. 2 Z 7 und 8 VBG. 6 PVAB 4.12.2023, A 12-PVAB/23. 7 § 41 Abs 1 PVG. 8 Schragel, PVG § 22, Rz 5. 9 Schragel, aaO RZ 6.