02.05.2022

Wissenswertes zum Thema "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis"

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen rechtzeitig geltend gemacht werden. Achtung bei Verfallsklauseln, diese können die gesetzliche Frist zur Geltendmachung begrenzen!

von Mag. Stefan Jöchtl

Allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren
Außerhalb des Kernbereiches des Öffentlichen Dienstes, in dem das Dienstrecht eigens mit Gesetz geregelt ist, bestimmt § 1486 ABGB grundsätzlich, dass „die Forderungen der Dienstnehmer wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse“ in drei Jahren verjähren.

Beginn der Verjährungsfrist
Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche beginnt dabei mit der Fälligkeit, sodass aus Arbeitnehmersicht in der Regel auf den Zeitpunkt, zu dem das Entgelt gebührt hätte, abzustellen ist. Bei Verträgen, die zumindest für bestimmte Ansprüche eine Durchrechnung über einen Zeitraum, z. B. ein Jahr, vorsehen, kann die Verjährungsfrist aber erst mit dem Ende des relevanten Durchrechnungszeit­raumes beginnen, auch wenn die Leistung laufend ausbezahlt wird.

Unterbrechung und Hemmung der Verjährung

Eine Unterbrechung der Verjährung erfolgt jeden ­falls bei Anerkennung des Anspruches und letztlich dann, wenn der Anspruch mit gerichtli­cher Klage geltend gemacht wird, wobei auch Feststellungsklagen hinsichtlich daraus abgeleiteter Ansprüche zwar ver­jährungshemmend wirken, dies aber nur für zukünftig fällige Ansprüche. Die bloß außergerichtliche Geltendmachung ei­ner Forderung wirkt demgegenüber nur dann verjährungshemmend, wenn daraus konkrete Vergleichsverhandlungen folgen, also beide Seiten Lösungsvorschläge machen.

Eine besondere Verjährungshemmung bewirken die Feststellungsverfahren von Betriebsrat oder Gewerkschaft (§54 ASGG), mit denen ja nicht über individuelle Ansprüche einzelner Arbeitnehmerinnen oder Ar­beitnehmer entschieden werden kann, sondern die diesen Ansprüchen zugrunde liegende Rechtsfrage geklärt werden soll. Für die Dauer dieser Verfahren (und bis zu drei Monate danach) wird für alle davon erfassten Ansprüche die Verjährung gehemmt.

Verkürzung der Verjährungsfristen durch Einzelvertrag oder Kollektivvertrag

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind kollektivvertragliche oder ein­zelvertragliche Verkürzungen der Verjährungsfrist grundsätzlich zulässig. Dies gilt auch für gesetzlich ausdrücklich als unabdingbar erklärte Ansprüche wie etwa Abfertigungen oder Überstundenzuschlä­ge. Der Oberste Gerichtshof begründet dies damit, dass die Unabdingbarkeit eines Anspruches nichts damit zu tun hat, wie lange dieser geltend gemacht werden kann, sodass auch für diese Ansprüche eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungs­frist für die Geltendmachung vereinbart werden kann. Das zulässige Ausmaß der Verkürzung hängt vor allem von der Art des Anspruches, aber auch der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab.

Die Rechtsprechung lässt generell Verkürzungen bis zu einer Frist von drei Monaten als sachgerecht bzw. nicht sitten­widrig gelten. Derartige Verfallsfristen finden sich nicht nur in Einzelverträgen, sondern typischerweise auch in Kollektivverträgen. Im Verhältnis zwischen Kol­lektivvertrag und Einzelvertrag gilt wie immer das Günstigkeitsprinzip, es ist daher die jeweils für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer günstigere, also längere Frist wirksam. Sinn dieser kürzeren Fristen ist es, Verfahren zu vermeiden, bei denen wegen der zeitlich späteren Geltendmachung die Beweis­führung schwieriger und aufwendiger ist.

Wahrnehmung nur über Einwand

Sowohl die Verjährung als auch kürzere Verfallsfristen sind im gerichtlichen Verfahren immer nur über Einwendung der Gegenseite wahrzunehmen, dabei ist zu prüfen, ob der Einwand im konkreten Fall allenfalls sittenwidrig erhoben wird, weil die rechtzeitige Geltendmachung durch den Arbeitgeber erschwert oder praktisch verunmöglicht wurde, so etwa durch faktische Erschwernisse oder durch Androhung von Nachteilen für den Fall der Geltend­machung.

Fristwahrung durch Geltendmachung

Soweit einzel-­ oder kollektivvertraglich Verfallsfris­ten vorgesehen sind, genügt zu deren Wahrung eine außergerichtliche Geltendmachung, es sei denn, die gerichtliche Geltendmachung wäre ausdrücklich vorgesehen. Dabei genügt, wenn nicht ausdrücklich doch Schriftlichkeit gefordert ist, die formfreie Gel­tendmachung, es muss in diesem Zusammenhang aber immer bedacht werden, dass die Wahrung der Verfallsfrist von der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer zu beweisen ist, sodass eine schriftliche Geltendmachung oder zumindest die Beiziehung von Zeugen und die Anfertigung eines Gedächtnisprotokolls dazu jedenfalls zu empfehlen ist.

Gesetzliche Ausschlussfristen bei Entlassung und Austritt

In wenigen Fällen sieht bereits das Gesetz vor, dass die Frist zur Geltendmachung erheblich kürzer als drei Jahre ist, so müssen Ersatzansprüche wegen eines vorzeitigen Austrittes oder einer vorzeitigen Entlassung binnen sechs Monaten gerichtlich gel­tend gemacht werden, wobei diese Fristverkürzung sowohl für Ansprüche gegen den Arbeitgeber als auch durch diesen gilt. Davon betroffen sind vor al­lem die Ansprüche auf Kündigungsentschädigung und die Urlaubsersatzleistung in diesen Fällen. Diese Fristen sind allerdings einer weiteren einzel­- oder kollektivvertraglichen Verkürzung nicht zugänglich.