IMAS-Studie 2024

„Trau, schau, wem!"

Nur drei kurze geflügelte Wörter, die in ihrer Knappheit zwei fundamentale Aufforderungen an uns richten. Zum einen die Ermutigung, grundsätzlich Vertrauen zu geben. Gleichzeitig aber die Anmahnung zur Vorsicht, wem man dieses Vertrauen schenkt.

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 6/2024
Autor: Markus Larndorfer, GÖD-Vorstandsmitglied und Bereichsleiter Junge GÖD, Sport und Grundlagenarbeit

„Trau, schau, wem!“ Das ist eine Empfehlung, die vor jeder demokratischen Wahl berücksichtigt werden muss. Und es bleibt zu hoffen, dass viele Menschen sich danach ausrichten. Denn ohne grundsätzliche Bereitschaft, Menschen und Institutionen mit Vertrauen auszustatten, kann Gesellschaft nicht funktionieren. Zumindest keine demokratisch legitimierte. Demokratie lebt aber auch vom kritischen Hinterfragen mündiger Bürger, wem man wirklich Vertrauen und damit Verantwortung gibt.

Die GÖD hat auch dieses Jahr wieder im Juni das Meinungsforschungsinstitut IMAS damit beauftragt, die Meinung der Bevölkerung zum Öffentlichen Dienst, aber auch zu generellen Fragen im Zusammenhang mit unserem Staatswesen abzufragen. Zum fünften Mal in Folge wurde ein repräsentativer Querschnitt der Menschen über 16 Jahre „vom Neusiedler- bis zum Bodensee“ zu verschiedenen Aspekten des Lebens in Österreich be- und gleichzeitig hinterfragt, wie sie den Öffentlichen Dienst damit in Zusammenhang sehen.

Zunächst: Die generelle Zufriedenheit mit der Lebensqualität in Österreich ist – alle  möglichen Krisen hin oder her – stabil sehr hoch. In einem Schulnotensystem sind 32 % sehr zufrieden, weitere 39 % geben ein Gut. Nur 2 % beurteilen das Leben in Österreich als „Nicht genügend“. Fragt man nach, was entscheidende Faktoren für Lebensqualität bei uns sind, so haben Herr und Frau Österreicher ein klares Bild: Natur und Umwelt rangieren hier ganz vorne – nicht nur Touristen aus dem Ausland wissen die Vorzüge unseres schönen Landes offenbar zu schätzen. Gleich hinter diesem „Geschenk des Himmels“ folgen Faktoren, die allesamt sehr viel mit dem Leistungsspektrum eines funktionierenden Öffentlichen Dienstes zu tun haben. Ganz oben rangieren etwa

•     Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit
•     Gesundheitsversorgung
•     Demokratische Verhältnisse
•     Sicherheit
•     Intakte Berufschancen
•     Infrastruktur
•     Schul- und Bildungswesen


Das Bewusstsein dafür, dass Sicherheit kein gottgegebenes Naturrecht ist, sondern dass dafür von der Gesetzgebung über Justiz, Sicherheitsverwaltung, Polizei und Bundesheer bis hin zur Justizwache, aber auch Sozialarbeit, viel geleistet werden muss, dieses Bewusstsein ist in den letzten drei Jahren nochmals deutlich gestiegen. Wenig überraschend zeigt sich auch ein überaus gut entwickeltes Verständnis in der Bevölkerung dafür, dass gute Lebensqualität auf der einen Seite und gute Leistungen des Öffentlichen Dienstes auf der anderen, untrennbar zusammengehören. Kurzum: Herr und Frau Österreicher schätzen, was da geschieht – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr. Heuer sogar 366.

Höchstes Ansehen
86 % der Befragten geben an, dass für sie der Öffentliche Dienst für die Lebensqualität in Österreich sehr wichtig oder wichtig ist. Kein einziger gibt an, dass dies gar nicht der Fall wäre. Das heißt: es gibt in Wirklichkeit höchstes Ansehen für den Öffentlichen Dienst in all seinen Facetten und mit der ganzen Breite des Portfolios. In den letzten Jahren ist dieses positive Image von einem hohen Niveau aus noch einmal gestiegen. Das haben wir auch, aber nicht nur, unserer exzellenten Performance während der Corona-Pandemie zu verdanken. Diese Phase war übrigens auch jene, in der die Bevölkerung am stärksten realisiert hat, dass so mancher Bereich des Öffentlichen Dienstes am Rande seiner Leistungsfähigkeit wandelt. Personalmangel, die immer stärker wachsenden quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst bleiben in der Bevölkerung nicht unbemerkt.

Trotzdem stellen die Menschen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst ein hervorragendes Zeugnis für ihre Tätigkeiten aus. Fragt man sie, welche Eigenschaften sie mit unserer Arbeit spontan assoziieren, dann kommen als erstes Zuschreibungen wie verantwortungsvoll, verlässlich und kompetent. Dass uns Eigenschaften wie Kreativität und Modernität am wenigsten zugetraut werden, sollte uns vielleicht zu denken geben. Dennoch: Im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern punktet der Öffentliche Dienst Tag für Tag. Und das, obwohl es in einem Rechtsstaat ja nicht nur Zuckerbrot zu verteilen gibt. Aber auch bei einem Führerscheinentzug macht offenbar der Ton die Musik. Satte 31 Prozent der Befragten hatten bei ihren letzten Behördenkontakten einen positiven Eindruck, 40 % erlebten diesen neutral und nur 13 % hatten negative Wahrnehmungen. Ein schönes Zeugnis für die Menschen, die diese Dienstleistungen unter oft schwierigen Rahmenbedingungen erbringen.

Rekrutierungsbedarf
So hoch das Ansehen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst auch ist, die Mehrheit der Menschen fühlt sich dennoch in der Privatwirtschaft besser aufgehoben. Gleich 56 % (und damit 8 Prozent mehr als vor 5 Jahren) geben an, sie würden sich bei einer neuerlichen Wahlmöglichkeit für den Weg in die Privatwirtschaft entschließen, nur 19 % für den Öffentlichen Dienst, und das verbleibende Viertel hat hier keine klare Präferenz. Wenn man an den enormen Rekrutierungsbedarf in weiten Teilen des Öffentlichen Dienstes denkt, sollte man in den Personalstellen also dringlich anfangen, sich damit zu beschäftigen, wie man das hohe Ansehen des Öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung auch in mehr Arbeitgeberattraktivität ummünzen kann. An der Wertschätzung für die Arbeit an sich mangelt es ja offenbar nicht. Vielleicht liegt die Antwort auf diese Frage darin, was die Menschen als besonders belastend für die Arbeit im öffentlichen Sektor sehen: chronischer Personalmangel, hoher Bearbeitungsdruck und zunehmend aggressives Kundenverhalten rangieren hier ganz oben, gefolgt von der wachsenden Menge und Komplexität der Vorgaben. Dass neben der hohen Verantwortung auch soziale und psychische Belastungen vielfach zum Alltag gehören, rundet das Bild ab. 

Vertrauen
Alles in allem: Es gibt also viel Vertrauen und viel Zutrauen der Bevölkerung für den Öffentlichen Dienst in all seinen Wirkungsfeldern für die Menschen in Österreich. Vielleicht ist es ja etwas mutig formuliert, aber es trifft wohl den Kern: Unterm Strich mögen die Österreicher:innen ihren Öffentlichen Dienst. Und sie sorgen sich auch da oder dort um diejenigen, die hier tagtäglich Dienstleistung auf Spitzenniveau erbringen. Das sei auch jeder neuen Bundesregierung – wie immer sie aussehen wird – schon jetzt ins Stammbuch geschrieben: Nehmt den Öffentlichen Dienst ernst! Kümmert euch um die Menschen, die hier arbeiten! Kümmert euch darum, dass hier überhaupt ausreichend Menschen arbeiten! Entwickelt gemeinsam mit diesen Menschen den Staat mutig weiter. Denn die Österreicherinnen und Österreicher wollen auch in Zukunft einen Staat, auf den sie sich umfassend verlassen können.

„Trau, schau, wem“ – diese Frage stellen sich bei jeder demokratischen Abstimmung die Wählerinnen und Wähler. Die GÖD hat im Zuge des heurigen Monitors auch abfragen lassen, welchen Institutionen und Einrichtungen die Österreicher:innen denn ganz grundsätzlich am meisten Vertrauen schenken: Es freut uns, dass die Einrichtungen der Sozialpartnerschaft – also die Gewerkschaften und Kammern – hier im Spitzenfeld rangieren. Dass hingegen politische Parteien und alle Medien grosso modo am Ende des Vertrauensrankings platziert sind, sollte jede aufrechte Demokratin und jeden aufrechten Demokraten mit echter Sorge erfüllen. Hier bräuchte es wohl so etwas wie einen demokratischen Aktionsplan zur Vertrauens-Rückgewinnung. Wer es damit ernst meint, hat nicht nur im Öffentlichen Dienst einen sicheren Partner, sondern auch die Menschen langfristig auf seiner Seite.

So erhebt IMAS die Daten zum Öffentlichen Dienst:
Persönliche Interviews mit 1.029 Personen ab 16 Jahren, repräsentativ verteilt auf ganz Österreich, Alter, Geschlecht.
Befragungszeitraum:  Juni 2024

Die gesamte Studie findest du hier: