Wunschdenken. Fairness.
Die nun seit über einem Jahr andauernde, außergewöhnliche und sehr fordernde Zeit der Pandemie zeigt auch die Defizite von Fairness im privaten und familiären „Miteinander“.
Von: Monika Gabriel: GÖD-Vorsitzenden- Stellvertreterin und Bereichsleiterin der GÖD-Frauen
Im aktuellen Regierungsprogramm ist unter anderem Nachfolgendes nachzulesen: Frauenpolitik ist Gleichstellungspolitik. Sie rückt die Chancengleichheit von Frauen jeden Alters auf allen Ebenen des gesellschaftlichen, beruflichen und familiären Lebens in den Fokus. Das Ziel ist es, dass Frauen selbstbestimmt, ökonomisch unabhängig und frei von Gewalt oder Angst vor Diskriminierung leben und selbst über ihr Leben und ihren Körper bestimmen können. Um dies umsetzen zu können, werden wird die entsprechenden Maßnahmen setzen (…). Danach sind einige Forderungspunkte nachzulesen, u.a. auch: Zeitverwendungsstudie: bezahlte vs. unbezahlte Arbeit, Aufteilung Familienarbeit, Familienkosten/Kinderkosten. Wir Gewerkschaftsfrauen fordern seit Jahren eine solche Zeitverwendungsstudie, damit die PolitikerInnen
mit nachvollziehbaren Zahlen, Daten und Fakten die notwendigen Schlüsse ziehen können. Erst aus diesem Datenmaterial kann man faktenbasiert feststellen, wer wie viel Zeit und Geld für Familienarbeit, Pflege, Betreuung und Freiwilligenarbeit aufwendet.
Die Betreuungsarbeit für Kinder oder pflegebedürftige Personen im Familienumfeld wird vor allem von Frauen geleistet, behaupte ich und mit mir viele andere Gewerkschaftsfrauen. Um zielgerichtete politische Maßnahmen, wie etwa zur Verbesserung der Beschäftigungssituation (Vollbeschäftigung vor Teilbeschäftigung - wo’s persönlich gewünscht und möglich ist), der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Betreuung von Familienmitgliedern, zu setzen, sind Daten zur Zeitverwendung in Österreich eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Die letzte diesbezügliche Studie wurde 2008/2009 durchgeführt. Ich denke, dass es dringend notwendig ist, eine aktuelle Zeitverwendungsstudie in Auftrag zu geben. Wohlahnend, dass die Datenerhebung – sollte diese 2021 erfolgen – eine noch stärkere zeitliche
Belastung (physisch und psychisch!) der Frauen darlegen würde. In der Zeit der Pandemie leisten viele Frauen fast Übermenschliches für ihre Familie, Kinder und Angehörige. Sie selbst sind im Homeoffice, der Partner oder die Partnerin detto, dazu kommt Homeschooling für das Kind oder die Kinder, die da oder dort Unterstützung benötigen. Nicht immer ist die Wohnmöglichkeit groß genug, um sich „gegenseitig“ auch ab und an aus „dem Weg“ gehen zu können, geschweige denn, dass jede oder jeder „Teleworker/in“ (inkl. Schüler/in) einen eigenen Raum/Platz,
Laptop oder Drucker zur Verfügung hat. Oft liegen die „Nerven blank“ und „daneben“ sollte auch noch die eine oder andere „ordentliche Mahlzeit“ gekocht werden, die Wohnung ist sauber zu halten, die Wäsche gehört „gemacht“ und 100 andere „Kleinigkeiten“ sind auch noch zu erledigen... Ja, ich weiß, da oder dort gibt es bereits hervorragend organisierte Partnerschaften/Familien, bei denen „das alles bestens funktioniert“, da jeder und jede mit anpacken muss und seine partnerschaftlichen Aufgaben im Sinne „aller“ und der gemeinsam gelebten Solidarität erledigt. Aber Tatsache ist auch, dass diese „Aufgabenverteilung“ sehr oft vor allem von Frauen erledigt wird. Besonders schwierig gestaltet sich die Situation für alle Alleinerziehenden mit Kindern. Mir ist vollkommen bewusst, dass eine Zeitverwendungsstudie kein „Allheilmittel“ sein wird. Dennoch wäre es für das allgemeine Bewusstmachen wichtig und richtig, profundes Datenmaterial zu haben. Die erfolgreiche Gleichstellungspolitik in Richtung mehr Fairness und Partnerschaftlichkeit darf durch die Pandemie keinen Rückschritt erfahren, meint
Ihre
Monika Gabriel
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