Interessensvertretung - eine Männerdomäne?
Nur eine Frau findet sich an der Spitze der sieben Fachgewerkschaften. Die Frauenquote ist immer noch notwendig.
Text: Sandra Strohmaier, MBA, MSc: GÖD-Bundesfrauenausschussmitglied, Zentralausschuss-Vorsitzende beim BMBWF, Allgemeine Verwaltung
Bei einer internationalen Tagung im Frühjahr 2019 in Ljubljana erwähnte eine junge, engagierte Slowenin in ihrem Referat, dass die Gewerkschaften nach wie vor „Altherren-Domänen“ sind. Sehr mutige Worte, die selten so klar ausgesprochen werden, daher sehr stark wahrgenommen wurden und einen großen Anteil an Wahrheitsgehalt haben. Schaut man sich die Präsidien der sieben Fachgewerkschaften an, so erkennt man sehr schnell, dass die Rollen der Vorsitzenden fast durchwegs männlich besetzt sind; genauer gesagt findet sich nur eine Frau an der Spitze einer Gewerkschaft (GPA DJP). Natürlich finden sich in zweiter, dritter und weiteren Reihen Frauen, aber allem Gerede von Gleichstellung von Frau und Mann zum Trotz gelangen Frauen nur in seltensten Fällen in höchste Führungsfunktionen der Gewerkschaften. Zu Beginn war ich absolut gegen die Einführung einer Quote – wer will schon eine „Quotenfrau“ sein? Umso trauriger ist es, dass es selbst nach vielen, vielen Jahren immer noch notwendig ist, Frauenquoten zu fordern, weil es ohne leider nicht funktioniert. Dieses Phänomen der männlichen Vorsitzenden schlägt sich bis in die darunterliegenden Gremien wie beispielsweise Bundesvertretungen, Landesvorstände, Personalvertretungen, Betriebsratsgremien, gewerkschaftliche Betriebsausschüsse etc. nach unten durch. Wir im Zentralausschuss im BMBWF, Bereich Wissenschaft und Forschung (Sandra Strohmaier), als auch in unserer GÖD-Bundesvertretung 16 (Gaby Waidringer) sind ein gutes Beispiel dafür, wie erfolgreich Frauen an der Spitze eines Gremiums sein können. Wir Frauen sind stets sehr verlässliche und fleißige Playerinnen – man braucht uns. Männer brauchen unser Wissen, unsere soziale Kompetenz, unsere Kommunikationsstärke, unsere Hartnäckigkeit, unsere Flexibilität und vieles mehr. Für uns sind Leistung, Engagement und Einsatz ein Selbstverständnis. Dennoch ist der Weg an die Spitze ein dorniger, den wir uns hart erarbeiten müssen. Ich selbst bin ein gutes Beispiel dafür: seit 1991 in der Personalvertretung, mit der Ausgliederung der Universitäten 2004 zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt und seit nunmehr zehn Jahren eine der wenigen weiblichen Vorsitzenden eines Zentralausschusses (ZA). Jedoch ist der Weg in verantwortliche Gremien mit dem Erreichen des ZA-Vorsitzes noch nicht zu Ende; den Weg dorthin und auch danach säumen zahlreiche Hürden und Herausforderungen und manchmal auch Neid. Ich selbst hatte und habe das Glück, eine ehrliche, geduldige, wissende und motivierende Mentorin zu haben, die mich bis zum heutigen Tag fördert und fordert. Sehr gerne stelle ich mich im November 2019 erneut der Wahl zur Vorsitzenden des Zentralausschusses, dies unter anderem auch, um anderen Frauen Mut zu machen, diese Herausforderung anzunehmen und Ja zu sagen, wenn sie gefragt werden.
Erschienen im GÖD-Magazin 6/19.